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Einbandrückseite
Meister peter falkners kŭnste Zu Ritterlicher Were
Meister Peter Falkners Künste der ritterlichen Waffen
Innenseite vorne
[Von einem späteren Schreiber hinzugefügt]
II 124 D
[Von einem späteren Schreiber hinzugefügt]
II 124 D
Innenseite hinten
[Leere Seite]
[Leere Seite]
1r
[Leere Seite]
[Leere Seite]
1v
Jungk Ritter Lern gott lieb haben / und frawen
In eren / Vnnd red den leytten wol
Biß manlich wã man sol So wechst dein er
vber ritterschaft Vnd lern kŭnst die dich
ziert In krieg zu eren hoffiert
Sechs hew lern
Von der rechten hand gern
Wider die were
Die wir maister gelŏben
In künsten zelonenn
Oberhaw
Zornhaw
Krŭmpphaw
Zwirchhaw
Schilherhaw
Schaittelhaw
Junger Ritter, lern, Gott zu lieben und Frauen in Ehren zu halten. Rede gut über die Leute. Sei kühn, wenn man es soll: So vergrößert sich deine Ehre. Üb Ritterehre, und erlern die Kunst, die dich schmückt und dir im Kampf ehrenvoll schmeichelt.
Erlern sechs Hiebe von der rechten Seite gegen Angriffe; diese geloben wir Meister mit Kunstfertigkeit zu entlohnen:
Oberhau, Zornhau, Krumphau, Zwirchhau, Schielerhau, Scheitelhau
2r
Merck was ich dir sag / Ain oberhaw recht schlag /
Vnnd lingk gegen rechtem / Starck soltu Fechten
Auch magstu dar Inen hengen vnd [Das Wort ist oberhalb der Zeile nachgetragen.] Zu stichen pringẽ
Beachte, was ich dir sage: Schlag einen Oberhau richtig [Eine der zahlreichen uneindeutigen Textstellen. Ebenso wäre »von rechts« denkbar.]; und links gegen einen rechten sollst du kraftvoll fechten. Außerdem kannst du darin hängen und Stiche ausführen.
2v
Den zornnhaw trib mit sterck
Hinder rugk das eben merck
Von baiden seidten
Stilsteen oder mit schreytten
Mach den Zornhau mit Stärke. Nach hinten [Weitere Lesarten: »von hinten«, »zurück«, »rückwärts«.], beachte dies genau; auf beiden Seiten; beim Stillstehen oder mit Schritten.
3r
In zornnortt thů recht winden
Wilt Im das antlit ploß finden
Wirt er sein gewar
So nym es oben ab onefar /
Haw stich merck Im band waich od~ hert
Winde im Zornort angemessen, wenn du sein Gesicht bloß finden willst. Wird er dessen gewahr, nimm es oben ohne Gefahr ab. Hau, stich. Beachte im Band Weichheit oder Härte.
3v
Indes vor vnnd nach
An hŭrtten krieg [Das Wort ist oberhalb der Zeile nachgetragen.] sej dir nit gach
Wer sich des kriegs remet
Oben niden wirt er beschemet
In allem winden / haw stich sich lertt finden
Indes, Vor und Nach. Im Ansturm soll dein Krieg nicht ungestüm sein. Wer sich um den Krieg oben bemüht, der wird unten erniedrigt. Lern bei jeglichem Winden, Hieb und Stich zu finden.
4r
Vier bleß lern schlahen vnd prechen
Wiltu dich rechen
Obnan doppellirn / vnd vndan recht mŭtirn
Ich sag für war
Sich schutzt kain man onefar
Lern [zu] vier Blößen zu schlagen und sie zu brechen, wenn du Vergeltung üben willst. Doppelier oben, und mutier angemessen unten. Ich sage wahrhaftig: Niemand kann sich ohne Gefahr schützen.
4v
Krŭmpp auff behend / wirff den ort auf die hend
Wer wol versetzet / mit schreiten er vil hew letzt
Wann es gleist oben
So stand ab das wil ich loben
Krump geschickt auf, wirf den Ort auf die Hände. Wer gut versetzt, hält mit Schritten viele Hiebe auf. Wenn es oben blitzt, tritt zurück. Das will ich loben.
5r
Die zwirch benympt was vonn oben
darkompt / Oder mit der sterck /
Dein arbait damit merck
Der Zwirchhau verhindert, was von oben herabkommt. Oder beachte, mit der Stärke anzugreifen.
5v
Die zwirch zŭ dem pflŭg
Zŭ dem ochssen hart fŭg
Dar Inn gang hoch auf und nÿder
Von baiden seydten kŭmp hinwider
Füg den Zwirchhau hart dem Pflug und dem Ochsen zu. Geh dabei hoch nach oben und nach unten. Komm erneut von beiden Seiten.
6r
Die zwirch mit springen
Zŭ dem haubt laß dir gelingen
Schlach Im zů baiden oren
So magst auß Im ain rechten doren
Es soll dir gelingen, den Zwirchhau mit Sprüngen zum Kopf zu schlagen. Schlag ihm zu beiden Ohren, so machst du aus ihm einen rechtschaffenen Narren.
6v
Wellicher ain feler recht füret
Nach wŭnsch errüret
Verker die wing
Durch lauff damit ring
Wer einen Fehler vernünftig ausführt, trifft wunschgemäß. Verkehr die Bewegung, ring während des Durchlaufens.
7r
Schilher pricht Was biffel schlecht vnd sticht
Schilh zŭ dem ort
Nym den hals one forcht
Der Schielerhau bricht, was ein Büffel schlägt und sticht. Schiel zum Ort, nimm den Hals ohne Furcht.
7v
Der schaittler ist dem haupt gefer
Den haw vndan durch mit dreyen driten
Vier straich mach von baiden seydten
Der Scheitelhau gefährdet den Kopf. Schlag ihn unten durch mit drei Schritten. Mach vier Schläge von beiden Seiten.
8r
Vier leger allain
Dauon halt vnd fluich die gemain
Vier sind der versetzen
Die / die vier leger ser letzen
Halt dich einzig an vier Leger, nimm von den gewöhnlichen Abstand. Es gibt vier Versetzen, welche die Leger sehr behindern.
8v
Nachraisen lere
Haw stich zwifach Id /
damit sere
Stich zŭ der prust / So gibt es dir lŭst /
Erlern das Nachreisen. Hau und stich dabei schmerzhaft auf zweierlei Weise. Stich zur Brust, das wird dich erfreuen.
9r
Im vberlauffen /
Wind vnd erhöch den knaŭffen
Wiltu ringen oder drŭcken
Die wer soltu zŭcken /
Winde und heb den Knauf während des Überlaufens. Willst du ringen oder bedrängen, sollst du die Waffe packen.
9v
Du solt ansetzen An vier enden In letzen
Er kŭm oben oder vndan
Ortt geratt ist In verwŭnden
Du sollst an vier Zielen ansetzen, um ihn zu verletzen, gleichgültig, ob er oben oder unten angreift. Ein gestreckter Ort heißt, ihn zu verwunden.
10r
Ob er starck ist
Durch lauff zŭ aller frist
Merck die art vnd ler
von baiden seÿdten haw ser
Wenn er stark ist, lauf ihm rechtzeitig durch. Beachte dies, und erlern von beiden Seiten heftige Hiebe.
10v
Absetzen lere / haw stich künstlich were
Von vier enden /
Haw stich schnidt ler wenden
Lern das Absetzen sowie Hiebe und Stiche zu vier Zielen geschickt abzuwehren. Lern, Hieb, Stich und Schnitt anzuwenden.
11r
Vier sind der schnidt
Zwen oben zwen vnden / mit
Schneidt wider die hertt
Von vndan In baiden gefertt
Es gibt vier Schnitte: zwei oben und zwei unten. Schneide gegen die kräftigen von unten in beiderlei Angriffen.
11v
Schneid wider die kron
Von vndan von oban prichstŭ si schon
Will er an sich reissen
Den knopff oder ortt In das gesicht weisen
Schneide gegen die Krone. Von unten und von oben brichst du sie gründlich. Will er an sich reißen, bring ihm den Knauf oder den Ort ins Gesicht.
12r
Zucken vnnd dreffen
Den Maister wiltu effen
Dridt nachend zŭ dem binden
Das zŭcken geit gŭtt finden
Zuck und triff, wenn du den Meister narren willst. Tritt im Band nah heran. Das Zucken gibt gute Treffer.
12v
Sprechfenster mach
Stand frölich besich sein sach
Merck was ich sag
Schlag zu Im das es schnab
Mach das Sprechfenster. Steh guten Mutes, und schau, was er vorhat. Beachte, was ich sage: Schlag zu ihm, so daß es wackelt.
13r
Lingk ler arm beschliessen
Halt In vast zůuerdriessen
Beschlossen so er dich hatt
Mitt drucken machstu In madt
Lern, links den Arm zu verschließen. Halt ihn fest, um ihn zu stören. Hat er dich eingeschlossen, schwächst du ihn mit Drücken.
13v
Will er sich rechen
Im fechten einprechen
Last er die hand faren
Druck fast gegen den oren
Will er Vergeltung üben und im Fechten vordringen und läßt er die Hand los, drück kräftig gegen das Ohr.
14r
Lingk vberfar
Rugk gegen bauch wend
Durch baide pain stich behend
Fahr links herüber, kehr den Bauch gegen den Rücken, stich geschickt durch beide Beine.
14v
Das Sonnen zaigen
Mit dem swert wilt Im naigen
Im einprechen
Druck gegen nack wiltŭ dich rechen
Mach das Sonnenzeigen mit dem Schwert, wenn du ihn zu Fall bringen willst. Drück beim Vordringen gegen den Nacken, wenn du Vergeltung üben willst.
15r
Will er dir nahen
Die recht mit ling ler fahen
Setz an die kel oder prust
Gewappnet es gibt dir lŭst
Will er sich dir nähern, lern, die Rechte mit der Linken zu fangen. Setz an die Kehle oder die Brust; gewappnet (mit der linken Hand in der Klingenmitte) [zu stehen] bereitet dir Freude.
15v
Wiltu In beschemen
Das swert bj dem kiltz nemen
Mitt dem kreitz soltu schieben
Mitt baiden henden dich üben
Willst du ihm Schmach bringen, nimm das Schwert am Gehilz. Du sollst du dich bemühen, mit beiden Händen mit dem Kreuz zu schieben.
16r
Auswendig vber durch stechen
Gewappnet ler wer [Das Wort ist oberhalb der Zeile nachgetragen.] ausprechen
Auch magstu arm beschliessen
Will glick des kanst gewÿessenn
Stich außen oben durch. Lern, gewappnet die Waffe herauszufordern. Außerdem kannst du den Arm einschließen. Des Erfolges kannst du gewiß sein.
16v
Ligt er Indem hangenden ortt
Nym das swert one forchtt
Mitt dem kiltz soltu schieben
Vber rugk dich vben
Befindet er sich im hängenden Ort, nimm furchtlos das Schwert. Du sollst dich bemühen, mit dem Gehilz nach hinten zu schieben.
17r
Wiltu dich vberlafens masen
Hals fach vberbain ler stossen
Arbait schnel biß besumen [!]
Zŭ stucken mag er hart komen
Wenn du das Überlaufen im Sinn hast, fang den Hals, und lern, übers Bein zu stoßen. Greif schnell an, und sei besonnen. So kann er nur schwer zu Stücken kommen.
17v
Die regel merck / greiff In an mit sterck /
Wiltu fast ringen
Dein swert lass von dir springen
Beachte diese Regel: Greif ihn mit Stärke an. Willst du kräftig ringen, laß dein Schwert von dir springen.
18r
Das ist die beschliessung der gantzen kŭnst
Wer wol sicht vnnd entlichen prichtt
Das best entlichen In drey finden
Wer recht wol henget vnd winden
damit pringet / Wart mit rechtem leger
betragt [Das »g« könnte auch ein »h« sein.] / Vnd ir ein der winden acht
Winden sind zŭ baiden seÿdten Vnnd
brief die gefert nichtmer waich oder hert
Hie enndet Maister Peter Falkners kŭnst mit dem langen swertt
Dies ist der Abschluß der ganzen Kunst: Wer gut beobachtet, der bricht schließlich sicher das beste in drei Treffermöglichkeiten. Wer richtig und gut hängt, soll dabei Winden ausführen. Achte darauf, mit dem richtigen Leger auszukommen und einem zugehörigen Winden. Es gibt acht Winden auf beiden Seiten. Prüf die Angriffe ausschließlich auf Weichheit oder Härte.
Hier endet Meister Peter Falkners Kunst mit dem langen Schwert.