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Paulus Hector Mair (Mscr. Dresd. C. 93)

Anmerkungen

Über die Handschrift und diese Transkription

Das Manuskript „Fecht-, Ring- und Turnierbuch – Mscr.Dresd.C.93/94“ wird in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden aufbewahrt. Es handelt sich bei dem Gesamtwerk um zwei Bände. Eine Wiedergabe des ersten [und des zweiten] Bandes Mscr.Dresd. C 93[/94] in Farbe ist online verfügbar.

Der Auftraggeber dieses Fechtbuches ist Paulus Hector Mair (f. 2r „mu°he vnnd arbait • so ich au°f dises werckh gelegt • der vncost gar nicht betau°ren…“), der auch verantwortlich für die Auswahl der gezeigten Stücke zeichnet (f. 2r „als ich dises Eernnwerckh zu°samen geordnet…“). Von ihm stammt die ausführliche Vorrede, die er, wie er selbst schreibt gegen seinen Willen, aus der Einsicht heraus verfasste, dass die jungen Leute von damals die Kunst des Fechtens „au°ß vnwissender frechen fau°len leichtu°ertigkait • mit verachtlichen schmachworten besudlen vnnd belegen“(f. 2r). Das Fechtbuch datiert um die Mitte des 16. Jh. (nach 1542). Siehe hierzu auch „Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters“, bearbeitet von Rainer Leng, S. 97 ff („Bd. 2 196r Wie aber die bemellte Sannct Leonharts Kirch Anno 1542 von dem Rathe zu Augspurg abgebrochen“). Zu dieser Zeit war Paulus Hector Mair „Ratsdiener zu° Au°gspu°rg“ (f. 16r).
Zwei weitere Manuskripte von Mairs Werk sind bekannt. Die ausschließlich lateinische Handschrift (BSB Cod.icon. 393 (1/2)) wird in der Bayerischen Staatsbibliothek in München aufbewahrt (Farbwiedergabe und englische Übersetzung sind ebenfalls online zu finden). Eine lateinisch-deutsche Ausgabe (Codex Vindobensis 10825/26) befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek Wien (Schwarz-weiß-Wiedergabe bei Arma.). Der deutsche Text des Wiener Exemplares unterscheidet sich von dem Manuskript aus Dresden nur in einigen Schreibweisen und der Tatsache, dass Satzzeichen häufiger sind.

Der erste Band des Manuskripts umfasst „Vorred“ (f. 2r-16r), „Register“ und allgemeine Einleitung (f. 16v-19v), Lannge schweert“ (f. 20r-113r), „Du°seggen“ (f. 114r-180v), „Stenglin“ (f. 181r-191v Achtung in der online-Ausgabe ist die Reihenfolge nicht gewahrt), „lange~ Spieß“ (f. 192r-199v), „Helle~parten“ (f. 200r-211v), „Seges [Sense f. 214r-217v] Trischel [Dreschflegel f. 218r-222v] Bau°rnstangen [223r-226v], vnd wor wider wor [unterschiedliche Waffen gegeneinander f. 227r-232v]“ (f. 212r-232v) sowie ganz am Ende die Sichel.

Die Sichelstücke befinden sich auf Folio 233r bis 242v (Pdf-Seiten 469-488). Nach der Kapitelüberschrift folgt ein Register der 16 Stücke („stend“ f. 233r). Ihnen ist jeweils eine Seite gewidmet mit Überschrift, farbiger Abbildung im Sinne einer Momentaufnahme während der Durchführung der Technik und erklärendem Text. Der Text umfasst eine Evolution aus Eingangstechnik mit darauf folgenden Gegentechniken für beide Seiten.

Die Foliierung, d.h. die Durchnummerierung der Blätter, ist mit Bleistift jeweils in der rechten oberen Ecke der Blattvorderseite angegeben. Zur besseren Übersichtlichkeit wurden hier die Seitenzahlen des Scans in eckigen Klammern dahinter gestellt. Die Bilder der Sichelstücke sind zusätzlich in der rechten oberen Ecke mit den Zahlen 1-16 durchnummeriert. Diese korrespondieren mit der Nummerierung der Stücke im Register. Eine hilfreiche Maßnahme, da nicht in allen Fällen die Namensgebung im Register mit den Überschriften der Stücke übereinstimmt. Die Überschriften sowie jeweils ein Teil der ersten Zeile des erklärenden Textes sind in der Handschrift größer wiedergegeben. In der Transkription sind diese Stellen fett hervorgehoben. Bei der Schriftart handelt es sich um eine sehr gut lesbare Fraktur, die in den Überschriften einer Textura, im Text einer Cursiva nahekommt. Das ganze Manuskript scheint von einer einzigen Hand geschrieben zu sein. Anhand von Auffälligkeiten bei der Rechtschreibung kann spekuliert werden, dass der Abschnitt über die Sichel mehr als einen Tag Schreibarbeit bedeutete, wahrscheinlich sind drei Arbeitsabschnitte zu unterscheiden.

Satzzeichen sind nur sehr spärlich vorhanden und dann auch eher willkürlich gesetzt. Es handelt sich dabei um Punkte auf mittlerer Höhe der Buchstaben (•), die in dieser Form auch übernommen wurden. Sie treten ab und zu an den Stellen auf, wo sie Abschnitte im Text markieren würden (z.B. an Stellen, die auch heute mit Satzzeichen versehen wären). Die Markierung von Abschnitten geschieht überdies teilweise, aber auch nicht immer, durch einen Großbuchstaben am Anfang des nächsten Wortes. Insgesamt betrachtet erscheint die Groß- und Kleinschreibung ebenfalls eher willkürlich. Ihre Übernahme ist teilweise interpretiert, da mit Versalien, Majuskeln und Minuskeln (und das alles noch in unterschiedlichen Größen und Ausschmückungsformen) mehr Abstufungen als heute genutzt, vorhanden sind. Auch die Trennung der einzelnen Wörter voneinander ist nicht immer eindeutig und unterliegt damit auch einer Interpretation während der Transkribierung. Verwendete Ligaturen wie tz wurden aufgelöst in einzelne Buchstaben, mit Ausnahme von sz, das als ß transkribiert wurde. Die Buchstaben u und v am Wortanfang wurden nicht unterschieden. Diakritische Zeichen wurden soweit es geht übernommen. Dazu zählen u°, w° und ÿ, aber auch ~ für Buchstabenauslassungen am Wortende.

Viel Freude beim Arbeiten mit diesem Manuskript und dieser außergewöhnlichen Waffe!

Julia Gräf und Ingo Petri, September 2010